Die Vorgeschichte*
Anfang März 1571 hatte Graf
Johann von Nassau vor den Toren der Stadt Siegen den Rechtsanwalt
Jan Rubens verhaften und ins Gefängnis legen lassen. Er war des
Ehebruchs mit der Gemahlin Wilhelms, der Prinzessin Anna von
Sachsen, beschuldigt und hatte sein Vergehen eingestanden. Am 22.
August 1571 gebar Anna eine Tochter, die diesem ehebrecherischen
Verhältnis entstammte.
Der Rechtsanwalt sah ein, dass er
dem Tode verfallen war. Er bat nur, dass man ihn nicht hängen,
sondern mit dem Schwerte hinrichten möge. Von dieser üblen Sache
durfte natürlich nichts an die Öffentlichkeit. Sollten die Feinde
Oraniens auch dieserhalb noch über ihn schmähen? Man hätte den
Rechtsanwalt sicher heimlich vor ein ordentliches Gericht gestellt,
zum Tode verurteilt und ohne Aufsehen hingerichtet, wenn . . . ja
wenn nicht seine Frau gewesen wäre.
Frau Maria Rubens, eine Bürgerliche, eine
Flüchtlingsfrau, die Frau eines Mannes, der sie betrogen und vor
der Welt seine Schuld eingestanden hatte, für dessen Leben kein
Gericht einen Pfifferling gegeben hätte — diese Frau stand vor
dem Grafen Johann und bat um ihres Mannes Leben. Sie nahm den Kampf
auf gegen die Verzweiflung des Eingekerkerten, sie teilte ihm ihre
Verzeihung in einem erschütternden Briefe mit, sie stand allein
gegen die großen Herren, die obendrein noch in vollem Rechte waren.
Und doch erspürte sie in dem Wesen des Grafen Johann einen
Seelenadel und eine Verantwortung vor Gott, die ihr Hoffnung gaben.
Sie bat den Grafen, um Christi willen Barmherzigkeit zu üben, sie
bot eine Kaution von 6000 Talern. Bei all seinen Sorgen belastete
den Grafen Johann nun auch noch dies. Hier der tödlich beleidigte
Bruder Wilhelm und seine Ehre — dort die um Christi willen
bittende Frau! Die Ehre seines Bruders verlangte den Tod des
Ehebrechers, die Liebe Christi rief nach Gnade.
Graf Johann ließ
diese Gnade vor Recht walten, und Jan Rubens durfte leben. In Siegen
konnte er eine Wohnung mieten und seine Familie zu sich nehmen. Hier
wurde dem Ehepaare sechs Jahre später der Sohn Peter Paul Rubens
geboren, der einer der begnadetsten Künstler der Welt werden
sollte. Bei der Geldnot des Hauses Nassau hatte der Graf das
Darlehen der Frau Maria Rubens angenommen. Als Sicherheit für die
Zinsen verschrieb er ihr die Einkünfte des Amtes Netphen. Im Mai
1578 verzichteten die Rubens auf die Hälfte des Darlehens und
erreichten dadurch die völlige Freilassung.
*Aus Siegerland und Niederland
von Alfred Lück
Siegerländer Heimatverein e.V.
Links zu Rubens:
Schwarz auf Weiss
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